Samstag, 7. Mai 2011

Die Bayern und die Bildung

Interessant, wie auf der Seite des Kultusministeriums mit der Förderung der Bildung Reklame gemacht wird. Die Bayern sind wahrscheinlich die am besten ausgebildete Elite Deutschlands - jedenfalls wenn man dem Glauben schenken möchte, was sie uns da glauben machen wollen.
Noch gar nicht lange her, dass uns Dr. Ludwig Spaenle auf seiner Homepage freundlich anlächelte und die Sensationsnachricht verbreitete, dass im laufenden Jahr weitaus mehr als 1000 Lehrerstellen geschaffen werden. Unglaublich, was für ein guter Unterricht daraus resultieren muss. Die Bayern sind eben einfach unschlagbar gut in dem was sie anpacken. Was ein Glück bin ich auch ein Bayer und darf mich zur Elite zählen. Obwohl... ich habe eigentlich gar kein bayerisches Abitur. Gehöre ich also doch nicht zur Elite? Na ja, wenigstens habe ich in Bayern studiert, das wird schon bestimmt auch irgendwie zählen und lässt mich doch sicher irgendwie in den elitären Kreis hinein, oder?!

Ich selbst habe zugegebenermaßen erst seit Kurzem Erfahrungen mit dem Kultusministerium im Bayern, weshalb ich aber irgendwie Zweifel habe, dass die mich in ihren auserlesenen Kreis aufnehmen: Mir scheint, dass bayerische Schulsystem wird immer elitärer und es wird immer schwieriger, für die bayerischen Schulen zu arbeiten. Maßgeblich für die unbefristete Übernahme in den Schuldienst sind die Noten der Staatsexamina. Lagen diese Einstellungsschnitte bis zum Schuljahresbeginn 2009/10 noch bei 3,5 - praktisch egal, bei welcher Fächerverbindung - so kommen mittlerweile auch die exzellentesten Ausnahmeabsolventen mit Schnitten von 1,??? nicht mehr in den Schuldienst. Wie gut muss man denn nun sein, um ein Plätzchen als Lehrer zu ergattern. Es ist schade, dass diese Trendwende erst kürzlich stattgefunden hat. Schade für die Schulen und Schüler, da sie ja erst jetzt von der versprochenen Verbesserung profitieren, schade auch für all die Lehrer, die aufgrund ihrer seit neuestem nicht mehr ausreichenden Leistungen nicht mehr übernommen werden.
Ich kenne sehr, sehr nette Lehrer, die mit mir zusammen studiert haben. Sie haben ein Semester früher ihr Examen abgeschlossen, vielleicht, weil sie sich den einen oder anderen Kurs an der Uni gespart haben, der nicht obligatorisch war. Trotz eines etwas schlechteren Examens haben diese Leute eine unbefristete Stelle als Lehrer bekommen, waren sie doch noch nicht von der „Trendwende“ (wie ich das nenne) zu einem verbesserten Ausbildungssystem betroffen.

Aber Moment! Jetzt komme ich ins Stocken… Soll das denn nun heißen, dass eigentlich schlechter qualifizierte Lehrer, die unbefristet eingestellt, also mit Planstelle versehen wurden, jetzt zur Elite der Bildungsvermittler zählen? Denn die gegenüber früheren Absolventen besseren bleiben ja vorerst draußen, werden nach Beendigung ihres Referendariats erst einmal in die Arbeitslosigkeit entlassen und dürfen sich auf der Warteliste eintragen, um zu hoffen, dass sich mal wieder eine neue Trendwende einstellt, in der sie hoffentlich Berücksichtigung finden (vielleicht als erfahrene Abwarter…?).

Es muss an meinem nicht-bayerischen Abitur liegen, dass ich das nicht verstehe: Besser qualifizierte Lehrkräfte werden nicht mehr eingestellt, während schlechtere bereits im Vorfeld mit unbefristeten Stellen versehen wurden und nun bis zu ihrer Pensionierung im Staatsdienst bleiben.

Ach, ich weiß, was ich vergessen habe: den Bedarf… den lieben Lehrerbedarf. Stimmt, den habe ich wirklich außer Acht gelassen. Der Bedarf errechnet sich aus den Schülerzahlen und den Stunden die abgedeckt werden müssen. Bei sinkenden Schülerzahlen, sinkt auch der Bedarf. Und dieses Jahr haben wir in Bayern auch noch den doppelten Abiturjahrgang, was bedeutet, dass ab dem Schuljahr 2011/12 eine ganze Jahrgangsstufe wegfällt. Das spiegelt sich natürlich auch im Bedarf wieder. Um bei einem niedrigen Bedarf nicht von Lehramtsabsolventen überschwemmt zu werden, bedient sich das Ministerium eines geschickten Tricks: es setzt die Schnitte, die für eine Übernahme in den Staatsdienst nötig sind so an, dass möglichst wenig Leute übernommen werden müssen. Die Schnitte werden auch erst dann festgelegt, wenn die Noten der Absolventen bekannt sind.  Somit kann sich das Kultusministerium die Situation schaffen, die es gerne haben möchte. Wirklich clever! Die haben bestimmt alle in Bayern Abitur gemacht.

Trotz allem schwant mir irgendwie, dass die Berechnung des Bedarfs im Kultusministerium eine untergeordnete Rolle zu spielen scheint - besonders in der langfristigen Planung. Man hat den Eindruck, dass hier von der Hand in den  Mund gelebt wird. Dass das G9 ein Auslaufmodell wurde, war schließlich schon etwas länger bekannt. Trotzdem hat man die Einstellungsschnitte länger nicht mehr angerührt, erst kürzlich und dann sehr massiv.

Kann es denn sein, dass dies bedeutet, dass es gar nicht darauf ankommt, wie gut ein Staatsexamen verlaufen ist? Kann das wirklich sein? Der Verdacht drängt sich mir auf, dass es vielmehr auf das richtige Timing ankommt, fertig zu werden, als auf die Anstrengungen und Resultate des ersten und zweiten Examens.
 Wenn das so ist, kann ich ja beruhigt sein. Dann liegt es wenigstens nicht an meinem „ausländischen“ Abitur, sondern nur am Planungsgeschick des Ministeriums.

Ob das die Sache besser macht und ein Lächeln unseres bayerischen Kultusministers rechtfertigt, weiß ich nicht genau. Nebenbei bemerkt finde ich es etwas seltsam, sich mit einer Schaffung von 1000 neuen Lehrerstellen zu rühmen, wenn im gleichen Jahr 1500 Lehrer in Pension gehen. Aber dieses Detail hat unser Minister wohl übersehen.

Mer muss staune!

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